Umsetzung der Prozesskostenhilfe-Richtlinie

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung (BT-Drs. 19/13829) wird in Teilbereichen kritisch gesehen. Es geht um die Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/1919 über Prozesskostenhilfe (PKH) für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls. Die Richtlinie war eigentlich schon bis zum 05.05.2019 in nationales Recht umzusetzen.

So positiv ich selbst den ursprünglichen Referentenentwurf bewertet hatte, so unschön ist es, dass einige dort vorgesehene Regelungen nun geändert werden sollen. So sollte ein Fall notwendiger Verteidigung ursprünglich zu einer Beiordnung zum Zeitpunkt der erstmaligen polizeilichen Vernehmung einer beschuldigten Person führen. Jetzt soll eine Beiordnung grundsätzlich von einer entsprechenden Antragstellung des Beschuldigten abhängig gemacht werden. Das ist nicht nur ein Bruch mit dem System der bisherigen Regelungen, da eine Antragsvoraussetzung bisher nicht existiert, sondern auch ein erheblicher rechtsstaatlicher Rückschritt gegenüber dem Referentenentwurf, da viele Beschuldigte schlichtweg zu schlecht informiert sind um solche Anträge zu stellen. Erfahrungsgemäß ist auch die Information der Beschuldigten durch die Ermittlungsbehörden über ihre Rechte oft unzureichend oder wird – gerade im Fall von Asylbewerbern – nicht verstanden.

Meiner Auffassung nach war auch das bisherige System, wie es nach wie vor gehandhabt wird, rechtsstaatlich bedenklich. Bisher wurde ein Pflichtverteidiger in der Regel erst bei einer richterlichen Vorführung beigeordnet. Das bedeutet, dass zuvor üblicherweise eine polizeiliche Vernehmung des Beschuldigten ohne vorherige Konsultation eines Rechtsanwalts erfolgt ist. Zwar besteht das Recht auf Beiziehung eines Rechtsanwaltes auch schon in diesem Stadium, jedoch scheitert dies oft an fehlender Rechtskenntnis oder schlicht an den finanziellen Möglichkeiten des Beschuldigten. Die Weichen für das weitere Verfahren werden aber schon bei der ersten Vernehmung gestellt.

Die Bedenken, dass die Strafverfolgung behindert werden könnte dürfen nicht dazu führen, dass Rechte der Beschuldigten de facto vereitelt werden. Zudem ist es im europäischen Ausland teilweise bereits Praxis Pflichtverteidiger schon vor der ersten Vernehmung beizuordnen und auch dort ist die Strafverfolgung deswegen nicht zusammengebrochen.

Aus rechtsstaatlicher Sicht könnte man durchaus fragen warum der Staat Angst davor hat, dass Beschuldigte früh durch einen Rechtsbeistand über ihre Rechte belehrt werden.